Stille

In der Hektik des Alltags, umgeben von einem ständigen Rauschen aus Informationen und Aktivitäten, geht die Kraft der Stille oft vergessen. Stille ist mehr als die Abwesenheit von Geräuschen – sie ist ein Raum, in dem die Seele atmen kann, ein ruhiger Rückzugsort für unsere Gedanken. Die Facetten von Stille sind vielfältig und ihre Wahrnehmung individuell unterschiedlich.

Entdecke die Magie der Stille, die in ihrer Einfachheit eine tiefe Verbindung zu unserer inneren Welt schafft und die Möglichkeit bietet, uns selbst zu hören. Ein Moment der Stille kann mehr sagen als tausend Worte – eine Einladung zum Innehalten und zur Entdeckung einer Kraft, die in der Stille ruht.

Am Waldessaume träumt die Föhre.
Am Himmel weiße Wölkchen nur.
Es ist so still, daß ich sie höre, die tiefe Stille der Natur.
Rings Sonnenschein auf Wies‘ und Wegen,
die Wipfel stumm, kein Lüftchen wach.
Und doch, es klingt, als ström‘ ein Regen leis tönend auf das Blätterdach.

(Theodor Fontane)

Stille aus wirtschaftlicher Sicht

In einer wirtschaftlich angetriebenen Gesellschaft ist Stille (noch immer) nicht erwünscht. Stille bedeutet im wirtschaftlichen Sinn „Still-Stand“, kein „Weiter“, „Höher“ und schon gar kein Mehr-Gewinn in finanzieller Form.

Die hektische und laute Welt der Wirtschaft kennt keine Pause, und doch könnte ausgerechnet die Stille der Schlüssel zu einem neuen, gesunden und fairem Wirtschaftsdenken sein. Wir befinden uns mitten in einem gesellschaftlichen Wandel. Die Ära, in der ein Informationsüberfluss und Ablenkungen allgegenwärtig sind, in der eine Ego befriedigt werden will, wird abgelöst durch ein neues Denken und Verhalten im Sinne der Gemeinschaft. Der Weg dahin mag uns noch lang erscheinen und doch gehen wir ihm Schritt für Schritt entgegen. Es lohnt sich daher, einen genaueren Blick auf die Rolle der Stille im Geschäftsleben zu werfen:

Momente der Stille schaffen den Nährboden für Kreativität und Innovation (s. auch Abschnitt Stille als Portal). Neue Ideen entstehen benötigen Raum im Sinne von geistiger Stille, fernab von Druck und Lärm.

Ruheräume in Unternehmen stellen dabei nur einen kleinen Teil der Möglichkeit dar und sind nur dann zweckerfüllend, wenn die Kultur im Unternehmen die Idee dahinter vollumfänglich widerspiegelt: Wer das Postfach und den Tisch voller unerledigter Aufgaben hat, findet auch in diesen physischen Räumen keine Ruhe und damit auch nicht zu neuen Visionen. Ruheräume anzubieten, um den Mitarbeitenden noch mehr Leistung abverlangen zu können und damit noch mehr Druck auszuüben, ist täuschend und nicht zielführend. Eine ausgepresste Zitrone gibt auch bei bestem Willen keinen Saft mehr her.

Die Sinnfindung ist nicht nur den Millennials und der Generation Z vorbehalten. Sie ist in jeder Generation anzutreffen. Die Suche nach Sinn und Zweck, insbesondere in Bezug auf die berufliche Tätigkeit und das soziale Engagement legt den Fokus auf persönliches, geistiges Wachstum, die Gemeinschaft und die Umwelt. Solche Menschen fordern ihren Raum bereits heute und mit immer mehr Erfolg in den Unternehmen ein und zwingt sie zum Umdenken.

Eine Unternehmenskultur, die die Bedeutung der Stille erkennt und ihren Mitarbeitenden Raum dafür lässt, kann auf engagierte, motivierte und auf natürliche Weise leistungsfähige Mit-Unternehmer zählen, denn dies ist, was zum Vorschein kommt, wenn Stille zur gelebten Unternehmens- und Gesellschaftskultur wird.

Stille als Portal

Betreten wir die Stille, lassen wir sie zu, zeigt sie sich als Portal zu tieferem Fühlen und Denken. Sie öffnet die Tore und lässt uns in einer neuen Intensität erleben, wer wir sind und wofür wir hier auf Erden sind. In der Stille erscheint alles möglich: Kreativität ohne Grenzen, Visionen, die utopisch erscheinen mögen, sind wir wieder im Alltagsdenken verhaftet. Doch sind es nicht gerade solche Visionen, die uns antreiben, die uns motivieren unsere Ziele zu verfolgen? Und solche Visionen, aus der Stille geboren, dienen dem Grossen Ganzen und nicht einem egoistischen Einzelnen, der sich für sich selbst mehr Wohlstand erwünscht.

Stille Orte

Kennst du diese Orte, die in dir ein bestimmtes Gefühl auslösen? Ich kann sie heute als geweihte Orte bezeichnen und meine damit keine kirchliche Weihung. Obwohl ich aus eigener Erfahrung weiss, dass gerade Kirchen an solchen Orten errichtet wurden. Sie machten sich diese Kraftorte zunutze, wie es bereits andere Religionen und Völker zuvor taten.

Es sind Orte, die eine einzigartige Energie in sich tragen. Die einen mögen sie wahrnehmen, andere weniger oder gar nicht. An diesen Orten herrscht eine bedächtige, transparente Stille, die uns auch als Portal in eine andere Welt erscheinen kann.

Aus eigener Erfahrung geplaudert

Seit meiner Firmung mit 16 Jahren konnte ich keine Kirche mehr betreten, ohne dass ich von Weinkrämpfen heimgesucht wurde. Fragte man mich, weshalb dies geschieht und was ich denn fühle, antwortete ich, dass ich nicht traurig bin, vielmehr ist es eine Vielzahl von Emotionen, die mich überkommen. Grösstenteils empfinde ich unendliche Dankbarkeit, wenn ich an einem solchen Ort bin. Die Stille durchflutet mich regelrecht und mir scheint, dass sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu einem einzigen Moment vereinen. Vielleicht ergreift mich einfach nur diese bedächtige Stille, als eine alte Sehnsucht nach ihr, in dieser lauten Welt. Inzwischen habe ich gelernt, damit umzugehen und sammle mich, bevor ich eine Kirche betrete.

Nebst dieser doch eher friedlichen Stille, erlebte ich bei einer alten Kirche, umgeben von alten Gräbern und mit einer Mauer umschlossen, eine wütende, böse Stille, die mich am Durchschreiten des Mauertores hinderte. Es war eindeutig: ich war hier nicht erwünscht. Ich konnte nicht ausfindig machen, ob und was auf diesem Friedhof, in dieser Kirche geschehen war, was eine Erklärung für diese Empfindung hätte sein können.

Diese Art der aggressiven, wütenden Stille ist auch aus Kriegs- und Pandemiezeiten bekannt, bzw. spürbar. Sie basiert in einem tiefen, gegenseitigen Misstrauen und einer Missgunst den Mitmenschen gegenüber.

Das "stille Örtchen"

Nicht umsonst heisst es „das stille Örtchen“ – wer Ruhe sucht, findet sie dort, auch wenn bestimmte Nebengeräusche die Stille durchbrechen mögen 😉. Hier will man nicht gestört werden. Oft «stören» wir uns jedoch selbst:

Es ist jedoch ein Ort, den wir tagtäglich mehrmals aufsuchen, ganz selbstverständlich. Das Aufsuchen dieses Ortes ist wie eine Legitimierung für einen kurzen Rückzug. Betrachten wir die Lektüren, die oft an solchen Orten vorzufinden sind, sind es leichte, erheiternde Texte oder Fachberichte, für die wir uns ansonsten keine Zeit nehmen würden, uns aber dennoch ansprechend genug erscheinen und wir sie nicht gleich in die Altpapiersammlung entsorgen. Die Begleitung des Smartphone hat schon lange Einzug in diesen Ort erhalten. Entscheide selbst, ob du dies für dich so handhaben willst, oder dir wirklich mal eine Pause von Informationen gönnen möchtest.

Vielleicht hat sich dein Blick auf das stille Örtchen und seinen Zusatznutzen jetzt etwas verändert? Ich wünsche es dir.

Stille als Zugeständnis

„Wer schweigt, stimmt zu.“

Wie oft neigen wir dazu, lieber still zu sein und nicht zu handeln, anstatt für uns selbst, unsere Meinung oder auch andere einzustehen, bzw. zu verteidigen? Schweigen wir in solchen Situationen, stimmen wir nonverbal dem anderen in seiner Meinung und seinem Verhalten zu. Durch diese Art von Stille verraten wir unsere eigenen Werte. Dabei geht es nicht darum seine Meinung lautstark dem anderen aufzudrängen oder sich bei einem physischen Übergriff selbst in Gefahr zu bringen. Es geht vielmehr darum, eine Grenze aufzuzeigen, „Stop“ zu sagen, Hilfe zu holen.

Stille, im Sinn von Schweigen, hat also durchaus auch einen negativen Aspekt, dessen wir uns mehr bewusst werden dürfen.

Stille im Tod

Im Tod wird alles still. Der Körper stellt seine Arbeit ein, kein Blut rauscht mehr, das Herz hört auf zu pumpen, die Organe verarbeiten nichts mehr, der Magen stellt die Verdauung ein, es wird keine Speicher mehr produziert, das Gehirn wird still.

Es ist jedoch nicht nur der Körper, der still wird. Die Angehörigen, die Familie und die Freunde werden still, sobald sie vom Tod eines ihnen nahestehenden Menschen erfahren. Je näher er ihnen im Leben wahr umso mehr scheint die Welt in Augenblick der Nachricht und auch danach, still zu stehen.

Im Moment des Todes scheint dies auch wirklich fast so zu sein: Als ich das Spitalzimmer betrat, in welchem mein Vater lag, fühlte ich beim Eintreten, dass seine Seele auf die Reise ging. Er musste nur wenige Minuten vorher verstorben sein, denn sein Körper hatte noch normale Temperatur und die Pflegerin war erst kurz vorher noch bei ihm gewesen.

Das Zimmer war von einem besonderen Leuchten erfüllt und einer Stille, die ich heute als durchscheinend bezeichnen kann. Es schien sich ein Portal geöffnet zu haben, um die Seele zu empfangen und sie zu ihrer Seelenfamilie zurückzuführen. Eine Stille, die nicht von der Abwesenheit von Geräuschen geprägt war. Es war vielmehr ein Blick durch die Türe in eine andere, stille Welt.

Ist mit dem Tod eines Menschen seine Persönlichkeit weg? Mit wem sprechen wir, wenn wir mit Toten sprechen? Sind sie noch in der Rolle unserer Ahnen, Eltern, Geschwister, Freunden, dem oder derjenigen, die sie damals in ihrem weltlichen Dasein verkörperten? Oder kehren sie als Teil eine grossen Seelenfamilie zurück und vereinen sich wieder mit ihr?

Die Antworten dazu mag jeder in sich selbst, in der Stille, finden.

Mögest du bereits zu Lebzeiten die Stille für dich entdecken.

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